Mein 1. Schulweg am 27.4.1954
Der folgende Artikel ist in der WESTFALENPOST Nr. 98 (STADT HAMM UND UMGEBUNG) am 28.4.1954 erschienen:
Kalli ging mit in die Schule
I-Männchen-Film vom ersten Schultag - Lachende Sonne über gewichtigem "Termin"
Hamm. Wir haben Kalli in die Schule geschickt. Den ausgewachsenen, längst dem
schulpflichtigen Alter entwachsenen jungen Kollegen, der die Welt stets mit heiteren
Augen sieht und mit uns der Meinung war: solch ein erster Schultag für ein i-Männchen
müßte einmal recht genau miterlebt und den lieben Lesern geschildert werden. Also, gut!
Kalli stand entgegen allen sonstigen Gewohnheiten schon früh um sechs,
von der freundlich-unnachgiebigen Wirtin mit allem Nachdruck geweckt vor seinem warmen
Federbett und machte sich schnell auf den Weg zu
W o l f g a n g s E l t e r n h a u s , das
den großen Tag vor sich hatte: Der Jüngste fängt mit der Schule an! Leise ist Kalli ins
Schlafzimmer getreten, postierte sich auf einem Stuhl und lenkte den Blick der Kamera
aufs kleine Bett, in dem Wolfgang, den Teddy-Bär fest ans Herz gepreßt, noch friedlich
und mit schlafheißem Gesichtchen seinem ersten Schultag entgegenschlummerte. - In
B i l d e r n ist dann festgehalten worden: wie Wolfgang geweckt wird, im Wasser
plantscht, sein Frühstück verzehrt und zum ersten Schulgang antritt. Kalli erzählt zu
diesen Bildern folgendes:
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Mein kleiner Freund Wolfgang will
Schornsteinfeger werden. Das stellte er
ernst und sachlich gestern morgen fest. "Die
brauchen sich nicht zu waschen", fügte er
hinzu und lachte überlegen, als er gefragt
wurde: na, hast de denn auch Angst vor der
Schule?? - - - Keine Spur! Pfiffig und
blondgelockt hat Wolfgang schon die ganze
letzte Zeit vor dem "Termin" selbst Schule
gespielt. Mit seiner Einmann-Klasse. Dem
Teddy-Bär, der ein mustergültiger Schüler war.
Aber ihn mitnehmen in die Schule?
"Schon genug, daß i c h jetzt lernen muß",
meint Wolfgang - - -
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Der kleine Schulanfänger weiß bereits
heute die Begriffe "Spielen" und "Lernen"
scharf zu trennen. Als Mutti meinte, daß
in Zukunft der Tag nicht nur mit Spielen
ausgefüllt sei, kommentierte Wolfgang, daß
er "manchmal nie spiele". "Dann schreibe ich
nur, das ist kein Spielen". Wolfgang konnte
es aber doch nicht erwarten, zum erstenmal
die Lederriemen des neuen Schultornisters
über seine Schultern zu streifen. Mutti hatte
kaum die blonden Locken ihres kleinen Sohnes
"gelegt", wirbelt Wolfgang wie ein
"etatsmäßiger Volksschüler" seinen "Lederkoffer"
mit schneeweißem Putzlappen durch |
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die Luft und schwupps -- saß er an der
richtigen Stelle. "Lampenfieber" schien der
Kleine nicht zu kennen. Sein Frühstücksbrot
mundete ihm ausgezeichnet, und mit Behagen
schlürfte er seine Tasse Milchkaffee.
"Stolz wie Oskar durfte Wolfgang kurz
vor neun Uhr seinen braunglänzenden Tornister
an der Hand seines nicht minder stolzen
Vaters spazieren führen. Der aufgeschlossene
Schulneuling wird allerdings schon vor der
Kirche -- der erste Schultag
begann natürlich auch für ihn mit einem
Gottesdienst -- im Kreise der zukünftigen
Schulfreunde gemerkt haben, daß er dort
nicht, wie bei Mutter und Vater, im Mittelpunkt
steht, sondern sich als ein kleiner
Volksschüler in die große Gemeinschaft einordnen
und der Autorität seines Lehrers
unterstellen muß. |
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Aber das kann seine gute Laune nicht
trüben. Die Sonne lacht vom Frühlingshimmel.
Lange noch, so hoffen wir -- lange
noch für den kleinen Wolfgang, für seine
liebevoll besorgten Eltern, für die mit neuen,
kleinen Menschlein beschenkten Lehrer --
und für uns alle, da wir den I-Männchen
von Herzen unsere guten Wünsche gestern
mit auf ihren Weg gegeben haben! |
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Erster Schultag
Bär im Bettchen, Wolfgang auch,
heißgeliebter Kinderbrauch.
Heute aber heißt's: Frühauf!
Neuer Weg in Lebens Lauf.
Schnell gewaschen, kleiner Mann,
heute fängt die Schule an.
Frühstück schmeckt auch diesmal gut,
ungebrochen ist der Mut.
Vati nimmt dich an der Hand,
führt dich in ein neues Land.
Viele geh'n den Weg mit dir,
sieh nur, Jungen, drei und vier.
Muttis und Papas dabei,
daß es nicht so schmerzlich sei,
wenn -- bedeutungsvoller Schritt! --
Wolfgang "in das Leben tritt".
Glück für dich, mein kleiner Mann,
fang die Sache richtig an!
Lernen muß der Mensch nun mal,
und nicht immer ist es Qual.
K a l l i
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Fotos und Textbeitrag © by Karl-Heinz Siebert.
Das alte vorliegende Bildmaterial wurde nach Scan von mir aufpoliert,
entkratzt, entzerrt, entrauscht, tonwertmäßig angeglichen und völlig
elektronisch aufbereitet und überarbeitet, so daß man jetzt wieder etwas sieht.
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